Aus einer Krise wachsen und die Hoffnung nicht verlieren. (Foto: Dunja Kohler-Pfister)

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Leitartikel: Die Kirche – Kraftort in der Krise

Das Wort Krise ist in aller Munde: Sei es die Klimakrise, humanitäre Krise, Flüchtlingskrise oder die Sinnkrise, Kirchenkrise, Glaubenskrise und seit bald zwei Jahren nun auch die Corona-Krise. Fast täglich erscheint das Wort in unterschiedlichem Kontext in den Medien – gesprochen oder gedruckt. Bei Redaktionsschluss endete gerade die UN-Klimakonferenz in Glasgow. Es ist allen bewusst – die Krisen enden nicht am Ende eines Jahres. Wir nehmen sie mit in ein neues Jahr.

Über die Ergebnisse der Klimakonferenz in Glasgow, die am 13. November 2021 zu Ende ging, waren sich nicht alle einig. Unzufrieden waren am Ende die vielen Klima-Aktivist*innen sowie Klimaforschende. Da kommt einem der Satz aus dem Römerbrief in den Sinn. Da heisst es:

Wir wissen, dass die ganze Schöpfung bis zum heutigen Tag mit uns seufzt und in den Geburtswehen liegt.
Röm 8,22

Zehntausende Menschen demonstrierten in Glasgow während der Klimakonferenz für mehr Klimaschutz. Auf ihren Plakaten stand nicht der Satz aus dem Römerbrief – das muss es auch nicht – sondern beispielsweise «Fossile Brennstoffe haben keine Zukunft» oder «Verteidigt die Zukunft». In Krisenzeiten sich nicht ohnmächtig und stumm zurückzuziehen, sondern aktiv zu werden, das ist eine von mehreren Möglichkeiten, mit Krisen umzugehen.

Vom Wünschen und Beten
«In den alten Zeiten, in denen das Wünschen noch geholfen hat» – so beginnt das Märchen vom Froschkönig. Was würden Sie antworten, wenn eine  Fee zu Ihnen sagen würde: «Du hast drei Wünsche frei»?

Wünschen gehört zu den Märchen wie das Beten zur Kirche, oder? «Beten ist Wünschen – nur feuriger!» war einer der Lieblingssätze der evangelischen Theologin und Dichterin Dorothee Sölle (1929-2003). Der Satz stammt ursprünglich aus der deutschen Literatur von Jean Paul (1763-1825).

Der lichtvolle Kraftort in unseren Kirchen
In katholischen Kirchen gibt es einen Ort, an dem täglich Kerzen flackern. Menschen kommen in die Kirche mit ihren Hoffnungen, ihren Sorgen und auch ihren Anliegen und zünden dafür eine Kerze an. Mit dem Kerzenanzünden vertrauen sie oftmals auch eine ihnen wichtige Person Gott oder der Mutter Gottes an. Meist brennen da bereits einige Kerzen. «Aha, da waren vor mir schon andere da!», denken sie. Und das kann verbinden. Die Menschen vertrauen darauf, dass ihre Anliegen in guten Händen sind. Und manchmal liegt bei den Kerzen auch ein Buch auf, in das sie dann ihre Fürbitte reinschreiben können.

Einen Ort haben in Zeiten der Krise
Überall auf der Welt, wo in Kirchen solche Kerzen zum Anzünden bereitstehen, kommen die Menschen hin und zünden Kerzen an für Menschen, die einen Platz in ihrem Herzen haben. Sie wissen, dieser Mensch braucht heute ein Licht und ein Gebet. Und bevor die Menschen die Kirche wieder verlassen, spüren sie – da ist jemand aus einer andern Welt, der hinhört und hinschaut, und alles wird gut.

Regina Osterwalder