Buchrain Perlen
Ebikon
Root

Mit leichtem Gepäck

 

Ach, es tut so gut, nach der kalten Jahreszeit die schweren Winterkleider zu verstauen. Es ist ein befreiendes Gefühl, sich nur noch mit luftiger, leichter Kleidung nach draussen zu begeben und die Sonne und den Wind auf der Haut zu spüren. Wenn im Juni das sommerliche Wetter einsetzt, dann geniesse ich diese Leichtigkeit des Seins jedes Jahr wieder aufs Neue. Auch das Gepäck, das ich auf Ausflüge, Wanderungen oder Ferien mitnehme, ist dann weitaus leichter als noch im Winter.

Die Last des Überflusses
Mit leichtem Gepäck unterwegs zu sein, fühlt sich ohne Zweifel gut an. Und dennoch, wenn wir genauer hinschauen, dann schleppen wir alle doch recht viel durchs Leben. Von wegen Leichtigkeit! Unsere Habseligkeiten werden über die Jahre kaum weniger – der Kleiderschrank platzt aus allen Nähten, im Keller und im Estrich stapeln sich Kisten mit Dingen, die wir schon Jahre nicht mehr berührt haben. Anlässlich der Kinderartikelbörse im März begegnete ich einer Mutter, die gerade ihre Kisten mit Spielsachen und Kleidern, die sie hatte verkaufen wollen, wieder aus dem Pfarreiheim heraustrug. «Wenig verkauft?», fragte ich sie, worauf sie seufzend erwiderte: «Wir alle haben einfach zu viel. Da ist es schwierig, etwas loszuwerden.»

Die Last der Sorgen
Hinzu kommen in der heutigen Zeit die Last der Sorgen: um die Kinder, die hohen Mieten, die Gesundheit, die Veränderungen in der Arbeitswelt, das Älterwerden, die Weltlage, die Kriege… Es gibt so vieles, das wir mit uns herumtragen, unser Herz und unsere Seele beschwert und uns nachts zu oft nicht schlafen lässt.

Ballast abwerfen
Als wir vor über 30 Jahren in meiner ersten Pfarrei die Firmreise, eine mehrtägige Wanderung nach Assisi, durchführten, brachten einige Jugendliche so viel Gepäck mit sich, dass sie unter der Last fast zusammenbrachen. Genossen haben sie dann nicht mehr viel und wir haben uns geschworen, das nächste Mal das Gepäck vor der Abreise zu kontrollieren und auf das Nötigste zu beschränken. Als Jesus seine Jünger in die Welt hinaussandte, gab er ihnen die Weisung mit, «keine Vorratstasche, kein zweites Hemd, keine Schuhe und keinen Wanderstock», sondern nur das Vertrauen mit auf den Weg zu nehmen (Mt 10,10). Das ist natürlich etwas radikal. Wenn ich wandern gehe, dann bin ich froh um etwas Proviant, gute Schuhe und etwas Reservekleidung. Aber ich verstehe schon, was Jesus sagen wollte: Reise mit leichtem Gepäck, damit du dich dem Wesentlichen im Leben zuwenden kannst!

Mit leichtem Gepäck
Das Ziel, mit leichtem Gepäck auf dem Lebensweg zu sein, können wir nur erreichen, wenn wir zwischendurch Ballast abwerfen und uns von dem trennen, das sich aufgestaut hat. Die leichten Kleider, die wir im Sommer tragen, können uns eine Erinnerung dafür sein, dass wir gar nicht so viel brauchen, wie wir oft meinen. Vielleicht bieten die Sommermonate mit dem leichten Lebensgefühl eine Gelegenheit, in unserer Wohnung mal aufzuräumen und Unnötiges loszuwerden oder noch besser zu verschenken. Und wenn es mehr um seelischen Ballast geht, dann finde ich hoffentlich gerade in dieser Zeit eine befreundete Person, bei der ich mein Herz ausschütten kann, damit es mir wieder leichter wird. Ein Spaziergang oder eine Wanderung mit leichtem Gepäck mag dazu die perfekte Umgebung sein.

Lukas Briellmann
Gemeindeleiter Root