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15. September: Internationaler Tag der Demokratie

 

Am 26. Juni 1963 hielt der amerikanische Präsident John F. Kennedy in West-Berlin eine Rede, die in die Geschichte einging. Mit den Worten «ich bin ein Berliner» brachte er seine Verbundenheit mit denjenigen Menschen zum Ausdruck, die in der von Mauern umgebenen westdeutschen Insel inmitten des sozialistischen Ostdeutschlands lebten.

Kennedy hielt in diesem Rahmen folgendes Plädoyer für die Demokratie der westlichen Welt, ohne deren Nachteile zu verschweigen: «Freiheit bringt viele Schwierigkeiten mit sich, Demokratie ist nicht perfekt, aber wir mussten nie eine Mauer errichten, um unser Volk daran zu hindern, das Land zu verlassen.»

Am 15. September feiern wir den jährlichen Internationalen Tag der Demokratie im Wissen, dass diese auch heute noch in vielen Ländern nicht umgesetzt ist.

 

Unterschiedliche Demokratien
Gott sei Dank ist dies im seit 33 Jahren wiedervereinten Deutschland und in der Schweiz der Fall. Dennoch fällt auf, dass zwischen diesen beiden Ländern relevante Unterschiede hinsichtlich der Zufriedenheit mit der Regierung bestehen. Gemäss der deutschen Online-Plattform für Statistik «Statista» haben in unserem nördlichen Nachbarland dieses Jahr 79 % aller Befragten angegeben, weniger oder gar nicht zufrieden zu sein, während es in der Schweiz nur 44 % waren.

Aus politikwissenschaftlicher Sicht ist hierfür ein erklärender Faktor, dass wir anstelle einer Koalitionsregierung über eine Proporzregierung verfügen.Es ist meines Erachtens die grosse Stärke der Schweizer Politik, dass sie politische Minderheiten in Vergangenheit und Gegenwart immer wieder in die Verantwortung nahm und nimmt. Mit Kennedy gesagt, bringt dies die Schwierigkeit und Imperfektion mit sich, auch mit diametral Andersdenkenden zusammenarbeiten zu müssen. Eine Koalitionsregierung hingegen klammert einen meist beträchtlichen Teil der Meinungen aus.

 

Das Schweizer Erfolgsrezept
Leider nimmt auch in der Schweiz die Polarisierung der Bevölkerung tendenziell zu. Manche politische Lager sprechen anderen die Existenzberechtigung ab, was per Definition undemokratisch ist.

Zeit also, sich auf das Schweizer Erfolgsrezept zu besinnen. Dieses beginnt nach meinem Dafürhalten im Alltag aller. Anstatt uns nur mit Menschen abzugeben, die uns ähnlich sind und andere zu meiden, sollten wir auf alle mit einer offenen Haltung zugehen, so wie auch Jesus es tat.

Personen mit einer anderen Lebensgeschichte, haben oft auch andere Weltsichten, Werte und Meinungen. Den aufrichtigen Dialog mit ihnen zu suchen, bereichert die eigene Perspektive und stärkt letztendlich die Demokratie. Dass sie sich von dieser Maxime leiten lassen können, wünsche ich dem im nächsten Monat neugewählten Bundesparlament und Ihnen allen.

 

Dominik Arnold,
Pfarreiseelsorger i. A.